Schmuck der Frauen – Stolz der Männer
Kulturforum Traunstein, DE
16.09. – 29.10.2023
SILBERSCHMUCK AUS NORDAFRIKA
Im Laufe langer sozialer und kultureller Prozesse schufen Silberschmiede in Nordafrika vielfältige Schmuckstücke mit deutlichen regionalen Variationen.
Unter dem Begriff Berberschmuck werden traditionelle Schmuckstücke der von verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Berber bewohnten Landstriche, vor allem der Maghrebstaaten Marokko, Algerien und Tunesien, zusammengefasst. Berberschmuck wird hauptsächlich aus Silber hergestellt und tritt in verschiedenen charakteristischen Formen auf wie dreieckige Fibeln, Halsketten, Armreife, Ohrringe und Kopfschmuck.
Diese Schmuckstücke werden sowohl im Alltag als auch zu wichtigen Anlässen, zum Beispiel bei Hochzeiten oder lokalen Festen, getragen.
Sie sind geschätzte Wertobjekte der Frauen, die sie auch nach einer Scheidungbehalten können. Sie bilden einen wichtigen Teil der Brautgaben und werden von einer Generation von Frauen an die nächste weitergegeben.
Bei dieser Gelegenheit werden sie jedoch auch häufig eingeschmolzen oder umgearbeitet – deshalb sind Schmuckstücke der Berber nur sehr selten älter als 100 Jahre.
Die Schmuckstücke dienen nicht nur ästhetischen und magischen-religiösen Zwecken, sondern auch dazu, der sozialen Umwelt Informationen über die Stellung der Frauen zu vermitteln, einschließlich Botschaften über Ehestand, Reichtum und soziale Hierarchie.
In ländlichen Gebieten sind Berber traditionell Bauern und leben in Bergen, Ebenen oder Oasen, wohingegen andere Stämme wie die Tuareg der südlichen Sahara fast ausschließlich Nomaden sind. Schmuck ist dabei leicht zu transportieren und wird von den Frauen auf den Wanderungen mitgeführt. In einer Welt, die lange Zeit vollständig oder weitestgehend ohne geprägtes Geld auskam, spielte Schmuck eine wichtige Rolle als veräußerbares Kapital in Notsituationen. Mittlerweile geht der Wert von Schmuck als Zahlungsmittel zurück und die tradierten Bedeutungen von Schmuck treten immer mehr in den Hintergrund.
Die Ausstellung der Städtischen Galerie präsentiert eine Vielzahl von Schmuckstücken besonderer Schönheit, gibt Einblick in die Bedeutung von Symbolen und vermittelt anschaulich den kulturellen Hintergrund.
OYA – TEXTILKUNST AUS DER TÜRKEI
Im frühen 19. Jahrhundert treten sie in Erscheinung − bunte Blüten aus feinster Nadelspitze. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind sie bereits im ganzen osmanischen Reich verbreitet, in Rumänien wie auf den Inseln der Ägäis, in Palästina und Ägypten wie in ganz Kleinasien. Oya schmücken unter anderem die Ränder von Kopftüchern, Hemden, Tischdecken und Geldbeuteln, auch Männer tragen sie um den Fez gewickelt. Zuerst sind sie auf Gemälden zu entdecken, wenige Jahrzehnte später als Oya, türkisch, oder Bibila, griechisch, in Texten von Reisenden, dann auf ersten Fotografien. 1845 erhält Königin Victoria von England in Zypern gefertigte Geschenke aus farbiger Nadelspitze, 1867 wird ein Ensemble von Oya-Spitzen auf der Pariser Weltausstellung mit der Goldmedaille ausgezeichnet.
Nach Untergang des osmanischen Reichs und Gründung der türkischen Republik 1923, vor genau hundert Jahren, zählt das Anfertigen von Oya zu den alten türkischen Handwerkskünsten. Oya erhalten Namen, die den Vorstellungen der Mädchen und Frauen während der Handarbeit folgen, und Wünsche, Hoffnungen, Erinnerungen, aber auch Sorgen und Trauer wiedergeben. Sie sind damit Spiegel der Gesellschaft, sie künden von Allgemeinmenschlichem und Kulturspezifischem. Heute werden die Oya selten aus Seide gearbeitet, sondern meist aus Nylongarn – wobei alles, was türkische Frauen zur Hand haben, als schmückende Zugabe angebracht wird Pailletten, Perlen, Pflanzenkörner, Muscheln, und vieles mehr. Nach altem Brauch verwahrt man sie in der Aussteuertruhe. Sie werden aber auch im Bazar an Einheimische und Touristen verkauft und mittlerweile im Internet angeboten.
Die Städtische Galerie zeigt hierzu knapp 60 Exponate aus einer ethnologischen Arbeitssammlung, hauptsächlich mit bunter Oya-Bordüre verzierte Kopftücher. Dabei informiert die Ausstellung mit Texten und Bildern zu den Themen Geschichte, Technik und Material, Namengebung, nonverbale Kommunikation, regionale Besonderheiten, Männer-Oya und Oya modernen Designs aus jüngster Zeit.
Ausstellungsrundgänge
MITTWOCH, 27.09.2023, um 11 Uhr
Rundgang mit Judith Bader, Leiterin der Städtischen Galerie Traunstein
DIENSTAG, 10.10.2023, um 19 Uhr
Rundgang mit Max Leonhard, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde islamischer Kunst und Kultur e.V., München Max Leonhard hat als ehemaliger Vorstand der Kulturfördervereinigung ARTS bereits einige ethnologische Ausstellungen in Traunstein verwirklicht und ist auch der Initiator der aktuellen Ausstellung.
SONNTAG, 29.10.2023, um 16 Uhr
Rundgang mit Dr. Kathrin Müller und Gérard J. Maizou durch den Ausstellungsteil „Textilkunst aus der Türkei“ und Horst Schmidt und Paul Seltner durch den Ausstellungsteil „Schmuck aus Nordafrika“.
FÜR SCHULKLASSEN UND ANDERE GRUPPEN
Auf Anfrage ist auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten ein Ausstellungsbesuch mit Führung und museumspädagogischem Angebot möglich.
Vortrag
FREITAG, 29.09.2023, um 19 Uhr
„OYA. VON OSMANISCHER MODE ZU HEUTIGEM DESIGN“
Die Orientalistin Dr. Kathrin Müller und der Journalist und Fotograf Gérard J. Maizou, die verantwortlich sind für den Ausstellungsteil über Textilkunst aus der Türkei, sind ausgewiesene Kenner der Materie. In ihrem Vortrag geben sie anhand von zahlreichen Bildbeispielen Einblick in Herkunft und Bedeutung dieser attraktiven Textilgattung.
Lesung
FREITAG, 20.10.2023, um 19 Uhr
Christiane Schlötzer: „ISTANBUL – EIN TAG UND EINE NACHT. EIN PORTRÄT DER STADT IN 24 BEGEGNUNGEN“
Als langjährige Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung vertraut mit den Bewohnern von Istanbul zeichnet Christiane Schlötzer ein facettenreiches Bild dieser faszinierenden, lebendigen Stadt.
16.09. – 29.10.2023
Kulturforum Traunstein
1. und 2. OG Ludwigstr. 12, 83278 Traunstein
Mittwoch bis Freitag von 11 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr
Veranstalter:
Große Kreisstadt Traunstein
Städtische Galerie
More information:
Judith Bader, tel.: 0861 164319
galerie@stadt-traunstein.de
Schmuck der Frauen – Stolz der Männer | Große Kreisstadt Traunstein
Textilen Bordüren an Kopftüchern, die in ihrem Herkunftsland Türkei als Oya bezeichnet werden. (Foto: Städtische Galerie Traunstein © Große Kreisstadt Traunstein)
Silberschmuck der Berber und Tuareg. (Foto: Städtische Galerie Traunstein © Große Kreisstadt Traunstein)